Bora Bora - Tonga

Sonntag 30.05.99

Heute ist es wieder so weit. Nachdem die letzten Postkarten und Telefonate geschrieben bzw. geführt, die Diesel- und Wassertanks gefüllt und alle Crewmitglieder einigermaßen wach geworden sind (gestern war Abschiedsparty!), fällt um Punkt 12:00 Uhr der Startschuß zur nächsten Etappe. Die Startlinie befindet sich innerhalb der Lagune, gegenüber dem Fähranleger von Vaitape, der größten Ortschaft von 33. Von dort müssen wir erst mal ca. 1sm nach Süden um eine Boje herum wenden und wieder nach Norden zur Ausfahrt aus der Lagune. Man hat diese Route gewählt, damit sich das Feld etwas auseinander zieht bevor es durch den relativ engen Pass des Riffs geht. Immerhin sind wir mittlerweile 28 Boote.
Und das Feld zieht sich richtig auseinander! Die letzten überqueren gerade die Startlinie - dazu gehören wir - da wenden die Ersten schon um die Boje!!
Die Windbedingungen sind allerdings auch ziemlich schwierig. Kommt man zu nahe unter Land wird der Wind zu schwach - hält man zuviel Abstand läuft man Gefahr noch mal wenden zu müssen um über die Ziellinie zu kommen.
Die verläuft zwischen dem Fähranleger und einem Boot das ca. 500m davor ankert. Und der Wind ist extrem böig. Einige der Boote haut es ganz schön auf die Seite!! Wir (bzw. Wolfgang, unser Skipper) halten uns aus dem Getümmel raus und lassen den anderen den Vortritt. Wir haben dabei sogar noch Glück, den die Wendemarke kommt uns entgegen gesegelt! Eins der Boote ("Jancris") hat die Boje so eng umwendet, das sie irgendwo am Schiff festhängt. So wenden wir (und ein paar andere Boote) direkt hinter "Jancris" und sparen uns so ein paar Meter. Am Pass kämpfen wir dann mit dem Luxemburgischen Schiff "Pimalo" um den letzten Platz. Und wir gewinnen!
Als wir dann auf unseren Kurs nach Tonga gehen (ca. 255° über Grund) und der Wind ziemlich genau von hinten kommt, ziehen wir unseren (auf Tahiti reparierten) Spinnaker hoch. Doch leider hält der Spaß nicht lange an. Um 17:30 Uhr sehe ich in meiner Koje liegend, wie sich der Spi in seine Bestandteile auflöst! ohne jeden erkennbaren Grund. Bei Windstärke 3-4 und ohne Steuerfehler dürfte das eigentlich nicht passieren?! Wir vermuten, das bei der Reparatur gepfuscht wurde. Die Erkenntnis bzw. Vermutung nützt uns allerdings auch nichts - der Schaden ist mit unseren bescheidenen Mitteln nicht zu beheben - wahrscheinlich auch an Land nicht!
Der Verlust des Spinnakers wird uns ein paar Tage Zeit kosten, da wir doch 1-2kn schnell mit ihm wären.
Die Entfernung bis Tonga beträgt ca. 1350sm. Das bedeutet bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 5-6kn etwa 9-11 Tage. Mit Spi wäre das kein Problem - ohne wird's knapp.

Tschäggi + Bernd beim "Duschen" Das Wetter ist am Montag + Dienstag nicht so besonders toll. Immer wieder ziehen dunkle Regenwolken auf, die uns einige Frischwasserduschen bescheren. Tschäggi + Bernd beim "Duschen"

Der Wind dreht dabei von ursprünglich NO über N bis NW, um dann am Dienstagnachmittag schlagartig auf SO zu drehen und hat im Schnitt 3-4Bft. Leider schläft er nach dieser Drehung auch noch ein und um 18:300 Uhr wird der Motor angeschmissen und der läuft dann bis Mittwochmorgen 6:00 Uhr. Tagsüber haben wir einigermaßen Wind aus südlicher Richtung - am Abend jedoch heißt es wieder: Motor an! Und jetzt geht es hin und her: Motor aus - Segel hoch, Motor an - Segel runter (manchmal bleiben sie auch oben). Langweilig wird es uns also nicht.

Donnerstag kommen die Cook Islands auf, die wir nördlich passieren. Dort sehen wir auch nach langer Zeit (seit Sonntag) mal wieder ein paar andere Segelboote - und das gleich drei auf einen Schlag - und einen Frachter! Aber die verschwinden auch bald hinterm Horizont und wir sind wieder allein.

Freitag und Samstag ändert sich die Windsituation nicht. Ungefähr die Hälfte der Zeit müssen wir motoren. Meistens schläft der Wind abends ein und kommt nach Tagesanbruch zurück.

Hier noch ein paar Zeilen zur momentanen Besatzung und dem Wachsystem, welches wir jetzt haben.
Seit Bora Bora haben wir einen neuen Mitsegler an Bord: Friedel - ein pensionierter Lokomotivführer aus Bremen (noch'n Fischkopp!). Damit sind wir jetzt sechs Leute und haben diesmal drei feste Wachgruppen, die 3 Stunden Wache gehen und danach 6 Std. frei haben. Die einzelnen Gruppen sind folgendermaßen eingeteilt: Wolfgang + Friedel, Bernd + Tschäggi und Sandra + ich. Wie gehabt werden während der wachfreien Zeit reihum die Dienste erledigt die noch auf dem Schiff anfallen: Toilette sauber halten, Salon fegen und wischen, Geschirr spülen und natürlich kochen - mit die wichtigste Aufgabe an Bord!

Eine schöne Bereicherung unseres (fast) vegetarischen Essens sind die Fische, die wir unterwegs fangen. Da haben wir auf den über 4000sm von Chile bis Tahiti keinen einen Fisch gefangen und nun (nach Bora Bora) ziehen wir einen nach dem anderen raus! Bisher hatten wir 2x Dolphinfisch (Goldmakrele, Dorade), 1x Barracuda, 2x Gelbflossenthunfisch und 1x Wahoo (?). 1 Bonito ist mir beim reinholen vom Haken gehüpft und ein Riesenmonster hat unsere Leine zerrissen. Es ist jedesmal eine riesen Aufregung und eine riesen Schweinerei im Cockpit, wenn wir die Fische reinziehen und mit Eisenstangen totschlagen. Jeder Fischverkäufer würde wohl einen Schreikrampf kriegen, wenn er sieht, wie wir die Fische filletieren! Aber an den Dingern ist soviel Fleisch dran, das wir es manchmal kaum schaffen mit 6 Leuten einen Fisch aufzuessen! Also schneiden wir großzügig alles ab, was uns nicht gefällt. Außerdem gehen uns die Rezepte aus.
Hier ist eins für Euch: möglichst frischen Fisch (filletiert) kurz in Mehl (welches mit Salz und Pfeffer gemischt ist) anschließend in Ei (mit Currypulver) und zum Schluß in geraspelter Kokosnuß wälzen und ab in die Pfanne. Lecker!

In der Nacht von Samstag auf Sonntag - genauer gesagt um 00:15 Uhr, bekommen wir ein Problem. Sandra und ich kommen gerade von der Wache, als plötzlich der Motor runtergedreht wird und nach mehrmaligem Gasgeben letztendlich ausgeschaltet wird. Wolfgang hat ein fremdes Geräusch im Motor gehört und gleichzeitig verlor das Schiff an Geschwindigkeit, und als wir nachschauen, sehen wir, das die Welle sich nicht mehr dreht!! Wir stehen also ohne Antrieb da - besonders schlecht, wo mal wieder gar kein Lüftchen weht - Null!
Am Tag stellen wir dann fest (nach mehreren Telefonaten mit der Werft und dem Ausbau des Getriebes), daß irgendein Bauteil, das zwischen Motor und Getriebe sitzt zerbrochen ist und dadurch die Kraftübertragung vom Motor bis zum Propeller nicht mehr funktioniert! Und für uns an Bord auch nicht zu reparieren ist!
Also liegen wir erst mal ca. 10 Stunden ohne Segel angeschlagen zu haben und treiben dabei sogar 4sm zurück. Dann regt sich das erste Lüftchen und um 10:30 ziehen wir die Genua und das Stagsegel hoch und kommen bis Abends 21:00 Uhr geschlagene 12sm weit! Und es sind noch 612sm bis Tonga.

Doch nun wird es etwas besser und wir kommen bis zum Morgen etwas schneller voran und ab Montag Mittag treibt uns ein Wind mit 6-8kn in Richtung Tonga. Das Wetter wird auch schlechter und zum erstenmal seit langer Zeit sehen wir den ganzen Tag die Sonne nicht. Wir sitzen aber immer noch im T-Shirt und kurzer Hose im Cockpit. Abends werden Sandra und ich dann bis auf die Haut durchnäßt (in 2 Minuten) und der Wind dreht mal wieder schlagartig um 180° von Nord auf Süd - bleibt aber in der Stärke konstant (4-5Bft.)

Am Dienstag, den 08.06.99 sind's dann Mittags noch 440sm und Abends kriegen wir noch mehr Wind - so daß wir sogar reffen müssen (haben schon fast vergessen, wie das geht)! Also - das 1. Reff ins Großsegel und die Fock für die Genua.

Tja und knapp 60 Std. später überqueren wir die Ziellinie vor Tongatapu! Es geht ganz schön zur Sache. Da der Wind sehr wechselhaft (in der Stärke) ist, muß man die ganze Zeit voll konzentriert am Ruder stehen um einigermaßen den Kurs zu halten. Wenn der Wind schlagartig wegbleibt und man hat gerade voll im Ruder gehangen, dann fällt man schon mal um die 30° ab. Dann luvt man wieder an (um wieder auf Kurs zu kommen) und plötzlich ist die Böe wieder da und man hat alle Mühe um nicht in den Wind zu schießen (segeln).
Es ist anstrengend - aber es macht auch Spaß!

Natürlich erreichen wir Tonga im Dunkeln! Es ist wie verhext: zu 90% kommt man entweder in der Dunkelheit oder zumindest bei schlechtem Wetter am Zielort an!
Da die Anfahrt auf Atata, einer vorgelagerten Insel von Tongatapu, nicht ganz einfach ist - erst recht nicht bei Dunkelheit und viel Wind und ohne Motor, empfängt uns Rally Control vor der Einfahrt ins Riff mit ortskundigen Einheimischen. Nach ihren Anweisungen (per Funk) erreichen wir sicher gegen 23:00 Uhr segelnd unseren Ankerplatz. Leider zu spät für die Willkommensparty!

Eingeborenenhütte
Eingeborenenhüte auf Atata (Tonga)

Tongatapu
Thrilithon auf Tongatapu mit Wolfgang
einen Bericht zurück Zur Berichtliste zum nächstem Bericht
home ©